Einen interessanten Tag verspricht das Systemische Kaffeehaus in Linz, das heuer am 16. Februar 2022 zum 8. Mal statt findet. Helmut de Waal, Brigitte Lassnig, Christian Zniva und Denise Rigaud referieren und diskutieren zum Thema Heimat/Zuflucht für Frankensteins Schöpfung – wie kann der Mensch in dieser Welt Halt finden?
Helmut de Waal schreibt:
1816 hat Mary Wollstonecraft, spätere Shelley, in ihrem prophetischen Roman die Fragen des 21. Jahrhundert vorweggenommen. Frankensteins Schöpfung antizipiert auf naive Weise das, was wir heute „Cyborg“ nennen. Ungeniert gesagt, sie nimmt den Menschen vorweg, wie er heute erscheint: also Dich und Mich.
Frankensteins Geschöpf ist aus anderen Menschen(teilen) zusammengesetzt. Er ist nicht gewachsen, das Leben entsteht hier nicht durch wunderbares Zusammenwirken in seinem Innern und durch Andere, sondern künstlich durch Energiezufuhr von außen, durch den Blitz, also Elektrizität. Das alles hat dann die bekannten Folgen: Frankensteins Kreation ist nicht sehr empathisch, aber schon lernbereit wie die sogenannte künstliche Intelligenz heute.
Der Freund, den ich besuche, steuert mit seinem Smartphone sein Equipment im Büro und sein Hörgerät. Das ist eine reziproke Beziehung: Sein Smartphone sagt ihm, wanner aufstehen muss, wie warm er es braucht, wie sein Blutdruck ist und andere wichtige Körperfunktionen. In einer Zeit, in der die Hirnforschung ihre aufregendsten Entdeckungen macht, wird die wichtigste Steuerung (das Gehirn sozusagen) zunehmend ausgelagert und anderswo verwaltet. Das Erschreckende dabei: Durch Tempo und Wiederholung wird dies selbstverständlich, eine flagrante Ontologisierung gewissermaßen.
Das ist „Cyborg“: die selbstverständliche und nicht mehr trennbare Verbindung von Mensch und künstlichen Komponenten. Beweise? Wir brauchen uns nur vorzustellen, dass an einem Tag der Strom ausfüllt, die Satelliten versagen oder ‚nur’ unser Smartphone verschwindet.
Die Pandemie hat uns hier interessante Erfahrungen beschert. Raum und Zeit (in Form von Begrenzungen) wurden uns (wieder) aufgenötigt und zugleich wurde das nicht mehr Mögliche z. T. digital ersetzt (Zoom, Homeoffice, Online-Lernplattformen, Online-Handel etc.). Eine Bremse einerseits, eine Beschleunigung und Intensivierung andererseits. Jedenfalls eine Erfahrung, die das schon Unbemerkte wieder spürbar macht – eine Chance, die wir nutzen sollten, auch als Psychotherapeut*innen.
Datum: Mittwoch, 16. Februar 2022, von 9 – 16 Uhr
Ort: Bischöfliches Priesterseminar, Harrachstraße 7, 4020 Linz.
Anmeldung unter office@lasf.at. Bitte bachten Sie die 3G-Regel.
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