Als Fortsetzung der Vorlesungsreihe Anthropologie des Alltags bietet Helmut de Waal diesen Herbst zwei personengebundene Forschungstage. Student*innen, (systemische) Psychotherapeut*innen und Interessierte sind eingeladen, sich gemeinsam mit dem Referenten mit diesem Thema tiefergehend auseinanderzusetzen und auch selbst einzubringen.

Seminar 1: Das Selbstverständliche: das, was verlässlich und stetig wirkt

In den 1960er Jahren begann das Auto die Regie über unser Alltagsleben zu übernehmen, und wir haben es nicht einmal bemerkt. In den 1970ern dann das Flugzeug, der Fernseher, später dann der PC und das Smartphone. Dadurch konnte vieles weggelassen werden, ging aber auch unbemerkt verloren oder hat sich fundamental verändert, wie z. B. die Bedeutung unserer Sinne oder die Organisation unserer Körper.
Wir reagieren auf diese Neuerungen spontan mit unserem bisherigen Erfahrungsschatz, also letztlich mit den Möglichkeiten der Vergangenheit, und zahlen dafür einen Preis, den wir oft gar nicht wahrnehmen.
Das ist möglicherweise auch der Hintergrund vieler persönlicher Problemsituationen und sollte in Auswirkung, Kontext und „Energieforderung“ berücksichtigt werden.

Zweck und Absicht dieses Seminars wären:

  • die Wahrnehmung für das Selbstverständliche wieder zu gewinnen und näher zu erforschen,
  • die Hypothesenbildung über allgemeine und spezielle Aus- und Nebenwirkungen des Selbstverständlichen zu ermöglichen
  • und den eigenen Einfluss darauf zu erkunden. Eigene Anliegen sind dabei hochwillkommen.

Seminar 2: Das Ausgelassene kehrt zurück: Magie, Aberglaube, Geister und Wunder als notwendiger Bestandteil unseres Alltags

Jedes Weltbild (auch das zur Zeit gültige naturwissenschaftliche) ist das Ergebnis von Komplexitätsreduktion, wobei das Reduzierte oder Ausgelassene dabei oft unbemerkt bleibt oder wird gar tabuisiert wird. Allerdings taucht es dann, allerdings auf andere oder neue Weise (wie z. B. in den sogenannten Trivialmedien), oft wieder auf. Das kann im Sinne einer Bedarfsdeckung nützlich sein, oft ist es aber auch verwirrend und unverständlich.
Dass beispielsweise die evidenzbasierte Medizin die Ärztin/den Arzt als Beziehungsperson (zugunsten globaler Gültigkeit) immer weniger braucht, weil es hier tendenziell immer mehr um globale Gültigkeit als um Beziehung geht und dadurch als Nebenwirkung moderne „VolksheilerInnen“ wieder populär macht, mag als Hypothese für uns PsychotherapeutInnen nicht neu sein.
Aber zu überlegen, welche Bedarfsdeckung diesen Phänomenen zu Grunde liegt und wie sich das im täglichen Leben auswirkt, könnte spannend sein und sich auch für das psychotherapeutische Tun als nützlich erweisen. Alltagsphänomenologisch könnte hier auch überlegt werden, wie in diesem Zusammenhang beispielsweise persönliche (und allgemeine) Verschwörungstheorien oder die zur Zeit erlebte Renaissance von Vampir- und Zombiegeschichten verstanden werden können.

Zweck und Absicht dieses Seminars wären:

  • die Wahrnehmung für das Ausgelassene wieder zu gewinnen und näher zu erforschen,
  • die Hypothesenbildung über allgemeine und spezielle Aus- und Nebenwirkungen des Ausgelassenen zu ermöglichen
  • und den eigenen Einfluss darauf zu erkunden.

Eigene Anliegen sind dabei hochwillkommen und die Auslassungen des Vortragenden nur ein „katalysatorisches Mittel zum Zweck“.

Datum:
Do, 10. Oktober und Mo, 11. November 2019, jeweils 9–18 Uhr (10 EH pro Seminartag)
Die Seminare ergänzen einander, können aber auch einzeln gebucht werden

Ort:
Lehranstalt für systemische Familientherapie, Trauttmansdorffgasse 3a, 1130 Wien

Kosten:
€ 145,– pro Tag für Absolvent*innen und Interessent*innen
(€ 120,– für Student*innen aller Fachspezifika und Propädeutika)
Eine Rechnung mit Erlagschein wird ca. 1 Monat vor Veranstaltungsbeginn zugeschickt.

Auskunft und Anmeldung:
E-Mail: office@la-sf.at, Telefon: (01) 478 63 00

Referent:

Dr. Helmut de Waal
Dr. Helmut de Waal
Klinischer Psychologe, Psychotherapeut (SF) in freier Praxis in Steyr, Supervisor, Lehrtherapeut an der la:sf