Logo Systemisches Kaffeehaus Nr. 50

50. Systemisches Kaffeehaus: Schuld, Vergebung und Gerechtigkeit in der Psychotherapie

Lebenslange Begleiterinnen
Schuld, Vergebung und Gerechtigkeit in der Psychotherapie

 

„Wer von Vergeben spricht, kann über Schuld nicht schweigen.“ (Arnold Retzer)

 

Es liegt wohl an der Bestimmung von uns Menschen als soziale und kommunikative Wesen, dass Schuld als grundlegende Größe menschlicher Existenz bezeichnet werden kann. Unerschöpflich und äußerst vielschichtig begegnet Schuld als grundlegendes menschliches Reaktionsmuster nicht nur im Alltag, sondern in Mythologie, Kunst und Dichtung und im Hinblick auf damit verbundene Aspekte, natürlich auch in der Psychotherapie. Um Schuld identifizieren zu können, brauchen wir eine entsprechende Instanz – diese kann außerhalb des Individuums liegen, oder in ihm selbst.

Geben Schuldgefühle einen Hinweis auf Schuld? Sie haben jedenfalls eine wichtige Funktion für das zivilisierte und einigermaßen friedliche Zusammenleben, das in unserem Kulturkreis seit Jahrhunderten auf einer Balance zwischen Geben und Nehmen beruht – und das in einem durchaus vielfältigen Sinn: Andere können uns etwas schuldig bleiben, wir können anderen oder auch uns selbst etwas schuldig bleiben.

Ein Blick über den systemischen Tellerrand macht auf eine weitere Dimension von Schuldgefühlen aufmerksam: Mathias Hirsch, Psychoanalytiker und Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin schlägt in Bezug auf Schuldgefühle die systematisierte Unterscheidung verschiedener Qualitäten vor (Hirsch, Schuld und Schuldgefühl, 2017): Als Basisschuldgefühl bezeichnet er Schuldgefühl aufgrund der bloßen Existenz, des (ua. geschlechtlichen) So-Seins einer Person, als Schuldgefühl aus Vitalität benennt er – oft als schuldhaft erlebtes – expansives Streben, Begehren oder (Erfolg-)Haben-Wollen. Das dritte von Hirsch identifizierte Trennungsschuldgefühl sieht der Autor mit den Autonomiebestrebungen der Kinder verbunden. Traumatische Schuldgefühle, die sich von schweren Gewalt- und Verlusterfahrungen verursacht, wie Fremdkörper im Selbst einrichten, stellen eine weitere Dimension dar.

Nahe an Schuldgefühlen liegt Scham – oft begegnen uns im Therapiekontext Menschen, die sich schämen und zugleich schuldig fühlen oder umgekehrt.

Noch ein weiterer Aspekt, den die Themen Schuld und Vergeben nahelegt, darf nicht fehlen: Fairness und Gerechtigkeit sind Größen, die nicht nur im juridischen Feld in diesem Zusammenhang begegnen, sondern auch in allen nahen Beziehungen damit verbunden sind …

Wie tun mit Schuld und Scham- bzw. Schuldgefühlen und den unterschiedlichen Facetten, in denen diese Thematik in der psychotherapeutischen Praxis begegnet? So komplex wie Schuld(gefühle) sind auch Ideen des Umgangs damit. In der Arbeit mit Klient*innen/Patient*innen stellen wir (uns) Fragen zur Unterscheidung von Verzeihen, Versöhnen oder Vergeben. Wir fragen auch, was Vergeben möglich macht und was es umgekehrt behindert und erschwert.

Wie immer möchte auch dieses – 50.! – Systemische Kaffeehaus mit seinen Impulsen und Zugängen aus verschiedenen Gebieten und Therapiefeldern zur Reflexion, zum Nachdenken und Mitreden anregen.

Monika Prettenthaler


Referent*innen:

Hannes Sulzenbacher
Schuld-Guilt. Einblicke in verschiedene Dimensionen von Schuld anhand ausgewählter (Kunst)Objekte

Adolf Valenta
Von Gemeinsamkeiten und Unterschieden. Ein Gespräch zu Schuld und Vergebung in Seelsorge und Psychotherapie

Andrea Maly-Scherf
Scham und Schuld. Zur Frage von Scham- und Schuldgefühlen in der Traumatherapie

Friedrich Schwarzinger
Unsichtbare Verrechnungen. Von Schuld zu Schulden – Verantwortung als rechtliche Metapher

Esther Ingerle
Schuld(gefühlen) begegnen. Einblicke in therapeutisches tätig sein rund um Schwangerschaft, Geburt & Sterben

 

Flyer Sytemisches Kaffeehaus


Teilnahmegebühr: € 54,- / € 30,- (Ermäßigung für Student*innen und Auszubildende der Fachspezifika und Propädeutika)
Rechnung wird per email zugeschickt.

Um Anmeldung wird ersucht: office@lasf.at

 

Weitere Termine

Datum

23. Mai 2024
Vorbei!

Uhrzeit

9:00 - 17:00

Veranstaltungsort

la:sf
Trauttmansdorffgasse 3A, 1130 Wien

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